Das Jahr geht auch heuer wieder mit einem Höhepunkt zu Ende. Sage nicht ich. Sagte gestern Monika Knoll, als sie eine kleine, handverlesene Gruppe von Weinschmeckern empfing, wie immer um diese Jahreszeit, wenn der Winter die Wachauer Weingärten zum Frösteln bringt, der Wein die ersten stürmischen Zeiten im Fass längst hinter sich hat und es Zeit ist für eine kleine Probe. Emmerich Knoll empfängt uns, wie jedes Jahr, im Keller. Man hat Jacken und feste Schuhe an. Es hat im Keller angemessene Temperaturen und eine Fassprobe ist schließlich kein Frühlingsspaziergang.
Vor einigen Jahren nahm mir der freundliche Veranstalter der Ende-Dezember-Fassproben in der Wachau das Versprechen ab, keine Bewertungen oder sonstige detaillierte Notizen über die Proben zu veröffentlichen. Die Winzer, von denen einige bereits zu Freunden wurden, hätten ihn darum gebeten. Die Bitte gilt es selbstverständlich zu respektieren und so erfahren Sie hier nichts über Lagen, Sorten, weder ob es ein Veltliner oder ein Rieslingjahr wird, noch über Säurewerte und Alkoholgrade. Nur eines erlaube ich mir an dieser Stelle zu sagen: Die bereits im Herbst, als von gesundem Traubenmaterial und nützlichem Wetter die Rede war, geäußerte Vermutung, es könnte 2012 ein so gutes Jahr werden wie sein Vorgänger, war möglicherweise nicht unbegründet. Mehr erfahren Sie hier nicht.
Fassproben überfordern den Taste-Sinn des Weinlaien eigentlich komplett. Und ich oute mich gerne als solcher, freue mich, wenn ich dabeisein kann und sehe zu, dass ich viel von den erfahreneren Kostern und Freunden lerne und wenn mir an einem Nachmittag ein kluger Satz gelingt, ist das schon ein schöner Erfolg. Der Wein präsentiert sich zu dieser Zeit, wenn er gerade acht oder 12 Wochen im Fass war, anders, als er auf der Flasche schmecken wird. Schneller reifende Weine mit weniger Extrakt und Alkohol zeigen schon früher, was sie an Reizen auch in einem halben Jahr auszuspielen haben werden. So manchen Grünen Veltliner, Riesling oder auch Sauvignon blanc möchte ich am liebsten im Umfang einer Flasche zu mir nehmen.
Je komplexer, anspruchsvoller und raffinierter ein Wein am Ende sein wird, der vielleicht erst in einem dreiviertel Jahr oder Jahr auf Flaschen gefüllt wird, desto schwieriger fällt es, ihn einzuordnen. Nach viermaliger Teilnahme an den Fassproben bei den Spitzenwinzern F.X.Pichler, Emmerich Knoll, Anton Bodenstein und beim Kremstaler Martin Nigl bemerke ich leichte Fortschritte. Ich vermag zum Beispiel Rieslinge von Grünern Veltlinern zu unterscheiden. Nein, Sie müssen sich jetzt nicht fremd schämen. Daran scheitern, wenn es um ältere Weine geht, auch viel größere Experten als ich je einer sein werde. Weine sind nämlich Schweine, die mit ihren Trinkern gemeine Spiele spielen und verlassen kann man sich auf sie nicht immer.
Im Keller der Knolls oder im genial schönen Verkostungsraum der Pichlers geht es aber um andere Fragen. Oft ist es die Zitrusfrucht, die auf die Qualität eines Weins rückschließen lässt. Blutorange im Riesling - das ist es. Könnte dann in zwei Jahren wunderbar sein. In zehn Jahren sogar noch besser. Manchmal ist es auch Birne oder Grapefruit. Oder Apfelstrudel, wenn wir einen Wein im Glas haben, aus dem später einmal ein richtig erwachsener Smaragd werden soll. Und natürlich immer wieder Marille und Pfirsich. Viele andere Aromen stellen sich erst mit der Zeit ein. Und bis der Wein dann auf Flasche ist und diese geöffnet, kann noch viel Wasser die Donau runterfließen.
Manche Weinmacher, wie Willi Bründlmayer und manche Weinkenner, wie Klaus Wagner vom Landhaus Bacher, sind der Fassprobe gegenüber eher skeptisch. Es sei zu früh, die Qualität eines Weines zu diesem Zeitpunkt zu beurteilen. Vielleicht steht aus meiner Sicht auch mehr das Vergnügen im Vordergrund, den Winzern beim Erzählen von ihrer Arbeit zuzuhören, was ich tagelang ztun könnte, denn kaum eine Tätigkeit stelle ich mir spannender und befriedigender vor als die im Weingarten - und später im Keller. Schön auch das spielerische Vergnügen, verschiedene Weine aus verschiedenen Fässern oder Tanks zu probieren (die man später so sicher nicht mehr bekommen wird, wenn der Winzer sich einmal für eine Assemblage entschieden hat) und eine Vorahnung zu kriegen, wie gut das sein wird, was man da in Bälde im Glas haben wird. Und die herrliche Abschiedsjause bei Monika Knoll, bestehend aus Butterbroten mit Käse und Wachauerlaberl mit Schinken, alleine sie ist schon die Reise die Wachau wert.
(ar)
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