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Contributors: Alexander Rabl (Text) +++ Stefan Fuhrer (Layout)+++
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Dienstag, 7. Juni 2011

Dieser Teller rettete mein Leben/Folge 3

Langoustinos, der italaniesche Mafioso-Koch sagt Scampi dazu, begleiten den Esser durch sein halbes Leben. Die Franzosen nennen ihn Langoustine und das zeigt schon einmal die sprachlichen Eleganz-Unterschiede zwischen den beiden romanischen Feinschmecker-Nationen. In den guten Lokalen in Meeresnähe bekommt man Scampi hie und da im Rohzustand, mit etwas Olivenöl und Meersalz und das soll dann auch reichen. Ducasse in Paris hat sich da mehr überlegt und ein Gericht erfunden, das seit vielen Jahren von der Speisenkarte des Plaza Athenée nicht wegzudenken ist: Langoustine, Nage reduite, Caviar osietre. Ein Gericht, so gut, dass ich locker dafür einen Bankraub begehen würde, weil es leider auch sehr teuer ist. Doch in den Banken heutzutage bekommst du gegen Waffengewalt höchstens ein paar griechische Schuldscheine ausgehändigt, also lasse ich es. Oder Wohlfart: er machte einen Langoustino-Raviolo mit Tomaten und einer Sauce Escebeche, alles so unglaublich gut, dass man die versalzenen Steinpilze, die es einen Gang vorher gab, glatt zu vergessen geneigt war. Thomas Dorfer allerdings im Mautern hat sie alle erledigt. Dorfer hat einen vom Ehrgeiz beflügelten Konflikt mit seinem Freund und Kollegen Caminada in der Schweiz auszutragen. Der kocht wunderbar (Dorfer auch) und kriegte in Kürze seinen dritten Stern (Dorfer nicht, denn der Michelin-Guide befindet Ö. nicht mehr der Prüfung wert) und außerdem hat er die besten Produzenten an der Hand. Letzteres ließ Thomas Dorfer keine Ruhe und so hat er eine Quelle gefunden, die ihm jetzt Dinge liefert, wo den kochenden High-End-Köchen der Mund vor Staunen offenbleibt. Zum Beispiel Langoustines. Ich habe diese Leute gesehen im Markt von Rungis. Sie bewohnen kleine Appartements in Transport-Kartons. Da wedeln sie, so gut es geht, mit ihren mächtigen Scheren. Wobei die auf Spitzenköche weniger beeindruckend wirken als die schiere Größe ihres, äh, Schwanzes. Die prallsten Dinger landen dann in den Küchen und auf den Tellern zum Beispiel von Ducasse oder auch Pacaud in seiner "Ambroisie" am Place des Vosges, der sie mit Sesam und Curry serviert, so dass den Gästen ein kurzes "Oh, c'est tellement bien" entfährt. Manche von diesen Jumbos landen seit kurzem in der Küche des Landhauses Bacher in Mautern. Dieses hat sich um den Verzehr des besten Krustentiers neben dem Flußkrebs immer schon verdient gemacht. Doch was da letztens auf dem Teller lag, war schon eine andere Liga. Ein fester, knackig gekochter, rundum glücklicher Langoustinenschwanz auf einer Geschichte aus Avocado und Zitrone. Es waren noch ein paar Hostien-artige Taler aus Jughurt, die wohl den feierlichen  Akt des Ganges unterstreichen sollten. Was aber gar nicht mehr notwendig war. Ein Langoustino pro Gast reicht übrigens, einmal wegen der schieren Größe und zum zweiten, wie man erzählte, weil die Damen und Herren in Rosa schon im Einkauf einen Preis haben, den wir hier nicht verraten wollen. (ar)


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