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Contributors: Alexander Rabl (Text) +++ Stefan Fuhrer (Layout)+++
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Montag, 3. Januar 2011

Die ganz großen Fische von Hamburg/Teil 3


Einer der größten Fische unter den Köchen heißt Thomas Martin und arbeitet in dem wunderschönen Hotel Louis C.Jakob an der Elbschaussee. Dieses Hotel liegt so malerisch am Ufer, so lyrisch sonnenbeschienen und so hanseatisch traditionsgewürzt, dass man hier auch mit Matjes und Schellfisch zufrieden wäre. Doch wie es der vornehme Herr Zufall will, beherbergt das Louis C.Jakob auch eines der besten Restaurants der Stadt, welches gleichzeitig auch eines ihrer schönsten ist. Ich genoss einen Mittag lang die Wanderung der tief stehenden Sonne und sie warf ihr blassgelbes Licht auf eines der besten Hummergerichte, die ich in den letzten sechzig Jahren essen durfte. (Blassgelbes Licht: man romantisiert überraschend schnell an solchen Orten.) Hummer mit Bonsai-Wintergemüsen und Beurre Blanc. Ein Klassiker des Hauses. Und wie modern er doch gleichzeitig ist. Warum gelingt nur so wenigen Köchen der Hummer dermaßen perfekt am glasigen Punkt? Was sind die Gründe, dass sind nur so wenige imstande, aus dem Tier so etwas wie Geschmack herauszuholen? Essen Sie, stellen Sie nicht zu viele Fragen, sagt der Hummer. Es riecht so schön nach altem Holz und nach Weihnachten in dem nicht zu groß dimensionierten Restaurant, wo ich neben einem Riesenweihnachtsbaum Platz nehmen darf. Elbblick inklusive. Ich: "Was für ein Duft." Der Sommelier, Herr Goldstheyn: "Wir haben vor ein paar Wochen den Fußboden frisch herausgeputzt. Hoffentlich riecht man das nicht auch noch." Ich: "Ach? Dann könnten Sie ja wegen Geruchsbeeinträchtigung die Weinrechnung halbieren." Der Sommelier: "Diskutieren Sie mit mir lieber nicht über Geld. Ich bin Jude." Sage da noch jemand, den Serviceleuten in Deutschland würde es an Witz oder Schlagfertigkeit mangeln. Im Gegenteil. Nach meinen Besuchen bei Wohlfahrt, Wissler und Kollegen bin ich der Meinung: Sie haben längst mit den Österreichern gleichgezogen, sind aber oft eleganter, eloquenter und übersehen nicht das kleinste Detail. Ich übrigens auch nicht. Und so möchte ich hinzufügen, dass das Jakob über einen der schönsten Weinkeller in Deutschlands Norden verfügt und dass der Hummer mit Bueurre Blanc nur eines von vielen köstlichen Dingen in einem Menü war, in dessen Fortgang ich sogar an der verachteten Jakobsmuschel Gefallen fand. Und den Kitzbüheler Kaiserschmarrn müssen sie in der Gamsstadt den Patissiers im hohen Norden  erst einmal nachmachen! (ar)

Samstag, 1. Januar 2011

Die ganz großen Fische von Hamburg/Teil 2


Ich schulde Ihnen noch einen Fisch. Sollten Sie den bescheidenen Beitrag über Hamburgs große Fische quergelesen haben, warten Sie jetzt sicher schon einige Zeit auf den zweiten Teil. Hier ist er und Sie brauchen sich keine Sorgen mehr zu machen, dass der Fisch nicht mehr frisch ist. In Hamburg sind die Fische fast immer frisch. Also braucht die Küchenmannschaft gewöhnlich nicht viel Tamtam, um daraus etwas Anständiges herzustellen. So begnügt man sich auch im Grill des Vier Jahreszeiten mit etwas Nußbutter, Blattspinat und Petersilkartoffeln zur Seezunge. Diese, weil wir hier von großen Fischen reden, hat übrigens die Größe von einem Surfbrett oder so und stellt für den Esser eine Herausforderung dar. Auch, weil sie vielleicht eine Spur, ein paar Sekunden zu lange in der Pfanne oder auf dem Grill war und ein wenig zur Trockenheit neigt. Wie gut, dass ausreichend von  weißen Macon im Glas ist, sonst würden wir uns hier mitten im Hamburger Winter wie in der Wüste Gobi fühlen. Exzellent übrigens davor die klassische Hummersuppe, eine echte Bisque mit einem gescheiten Schuss Armagnac (Sie wissen nicht, was eine Bisque ist? Sorry, aber wir sind hier nicht in der Volksschule.) Doch wir sind uns ehrlich: in den Jahreszeitengrill geht man jetzt nicht vornehmlich wegen des Essens, wie der Hanseat überhaupt nicht dazu neigt, dem Kulinarischen all zu viel Bedeutung beizumessen. Man geht in den Grill, weil es sich um eines der schönsten Restaurants im Norden Europas handelt. Ich übertreibe jetzt wirklich nicht. Und weil der Maitre des Grills, nicht zu verwechseln mit einem Grillmeister, ein Exildöblinger ist(allerdings nicht aus der besten Gegend, wie er gerne einräumt), der mit seinem trockenen Witz alle bezaubert. Ja, es ist viel mehr als Schmäh, den hat in Wien jeder zweite Würstelstandler, es ist Witz. Herr Gährlich wacht über eine bestens disponierte Servicebrigade, der kein Detail an den Tischen der Gäste entgeht. In den Wiener Hotels ist mir keine Brigade begegnet, die es auch nur annähernd mit der der Vier Jahreszeiten aufnehmen könnte. Unsere Leute im Service sind weder alert noch übertrieben freundlich. Doch zurück an die Alster. Nach der Seezunge geht es einem wie nach dem Steinbutt. Man braucht einen Calvados erster Güte und bekommt ihn hier auch. Warum der Calva hier besser schmeckt als sogar in Paris? Darüber an anderer Stelle demnächst mehr.(ar)