- - -
Contributors: Alexander Rabl (Text) +++ Stefan Fuhrer (Layout)+++
- - -

Sonntag, 14. Oktober 2012

Familie Aiblers Faible für Fisch

Gestern einer ungewöhnlichen Veranstaltung beigewohnt. Draußen am Großgrünmarkt im Nirwana von Wien ein luxuriöses, weißes Zelt. Sekt von Szigeti. Eine Cocktailbar. Kaviar und kleine Happen von Spitzenköchen. Eigentlich gilt Inzersdorf nicht als Inbegriff des Feierns, sondern des Frührausmüssens und der knochenharten Arbeit in Kühlhäusern und Gemüsehallen. Doch die Familie Aibler wollte es einmal richtig krachen lassen. Sogar einen echten Moderator hatten sie sich gekauft. Enen DC ebenso. Aiblers machen in Fisch, was an dieser Stelle niemandem gesagt werden muss. Die besten Köche schwören auf die Qualität der Meeres- und Süßwassserfische mit dem Label des Hauses - Eishken Estate. Eine Seezunge, ein Steinbutt oder auch ein Lachs von Aiblers ist das Tollste, was man in der Fischabteilung einer 3-Hauben-Speisenkarte kriegen kann. Ich darf ein bisschen kosten. Der schottische Lachs ist wunderbar.

Dann kriegen wir alle durchsichtiges Plastik über- und untergestülpt und dürfen bei einer Führung mitmachen. Das Plastikzeug nicht nur wegen der lustigen Instagrams, die jetzt jeder von jedem aufnimmt. Ich schaue mit meiner Kopfhaube sehr inzersdorferisch aus der Plastikwäsche. Es geht um die peinlich konsequent durchgezogene Hygienevorschrift, ohne die ein Geschäft wie dieses unmöglich ist. Blanke Sauberkeit, der in diesem Umfeld beruhigende Geruch von Chlor und anderen Reinigungsmitteln. Ich lerne: viele Fische werden heute mit Maschinen filetiert und entschuppt. Bei Eishken Estate macht man das mit der Hand und moderner Maschinerie. Ich vergesse nur schwer das Geräusch, welches die maschinelle Entnahme der Innereien eines frisch glänzenden Saiblings begleitet. Der Bauch mit einem Messer geöffnet, dann ein Schlrrzffftzrrrtz und Magen, Herz und Nieren werden mit einem Schlauch aus dem Fisch gesaugt. Die gesammelten Innereien der Fische gehen später an einen Katzenfutterhersteller. (Und von dort hoffentlich nicht zum einen oder anderen Chinesen in den Vorbezirken Wiens.)

Acht Stunden Lachse entschuppen oder Saiblingen den slurppigen Magen-Darm-Trackt absaugen sind Jobs, die man nicht so unbedingt machen möchte. Da sitz ich lieber vorm Computer. In einem gut gekühlten Raum flechten Mitarbeiter, die übrigens alle mit Mundmasken ausgestattet sind, dünn geschnittene Bauchlappen vom Lachs zu Zöpfen. Diese werden dann heiß geräuchert und verkauft. Viel Handarbeit also für ein perfektes Stück vom Fisch. Um ein brauchbares Steinbuttfilet zu bekommen, muss ein Vielfaches von dessen Gewicht an Steinbutt verarbeitet werden. Das erklärt vielleicht ein wenig die Preise von First-Class-Fischen in den heimischen Restaurants und auch sonstwo. Nicht nur das Produkt an sich kostet, sondern in diesem Fall auch seine Weiterverarbeitung. Als Steinbutt, Flußkrebs oder kanadischer Hummer hat man es bei Aiblers nicht schlecht. Sie haben eine Menge Platz in ihren mit Sauerstoff angereicherten Becken, die mit Meerwasser oder Süßwasser gefüllt sind. Für die Hummer gibt es genügend Steine oder Kisten, wo sie ihr Bedürfnis nach höhlenartiger Abgeschiedenheit ausleben können.

Auf das Zusammenbinden der Hummerscheren wird verzichtet. Den Krebsen stellen Aiblers sogar kleine Treppchen in ihre Becken, auf denen sie ihren Bewegungsdrang ausleben können. Ich weiß nicht, in wie weit die in Inzersdorf lebend gehaltenen Butte und Hummer dieses Dasein in Gefangenschaft lässig finden. Doch glaube ich gerne, wenn Eishken Estate behauptet, dass man das allerhöchstmögliche Maß an Verträglichkeit, Platz und naturnaher Umgebung geschaffen habe. Freilaufende Hummer sozusagen. Im mit den allerfeinsten Dingen gespickten, kleinen Verkaufsraum von Eishken Estate steht dann noch ein großes Becken, mit Steinen und Salzwasser gefüllt. Darin faulenzen lebende Taschenkrebse. Die allerdings sind ausnahmslos für einen Abnehmer reserviert: Alexander Maier, Koch mit Faible für die Bretagne, das Meer und seine Bewohner, war wie Lisl Wagner Bacher einer der ersten Kunden der Familie, die es im Binnenland Österreich mit Qualitätsfishen geschafft hat.

Die Familie Aibler betreibt auch ein ehrenwertes Gasthaus in Wien 13. Es heißt Napoleonwald und hat unter den Gästen viele, die seit vielen Jahren kommen, und gute Seezungen. Als ich per Nebenbemerkung anrege, mit dieser Produktqualität wäre es möglich, das Napoleonewald zu einem der besten Fischrestaurants der Stadt zu machen (wie die Engländer sagen: There is some room for improvement) , wenn man das wollte, ernte ich Blicke in der Art, wie man dich anschaut, wenn du in  einem Bergdorf eine Taucherausrüstung kaufen willst. Den Beliebtheitspreis des Abends habe ich nicht gewonnen.

(ar)

www.eishken.at

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen