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Sonntag, 11. November 2012

Mit der U6 und der ÖBB zum Martinigansl

In den früheren falstaff-Magazinen gab es immer eine lustige Serie, die ich nicht gleich kapierte. Sie hieß "Mit dem Audi XY oder dem Mercedes Soundso ins Landhaus Irgendwie". Erst nach einer gewissen Zeit kapierte ich: Der Herausgeber ließ sich von einer Autofirma einen kulinarischen Ausflug in ein Spitzenrestaurant oder Schloss bezahlen. Mich langweilten die seitenlangen Beschreibungen von Kupplung und Lederpolsterung, das Essen kam viel zu kurz dabei. Heute muss ich wieder einmal feststellen: Die Zeiten waren damals besser. Viel besser. Denn wo ist die Firma, die mir zum Beispiel eine Limo samt Chauffeur sponsert, damit ich nach der Arbeit zum Sodoma nach Tulln fahren kann. Es gibt nämlich Gansl jetzt und mein Verdacht, dass es sich dabei ums beste Martinigansl in Österreich handelt, ist begründet.

Ich fahre also öffentlich, schließlich will ich den Sodomaschen Weinkeller auskosten und wenn ich den Wagen nehme, bereitet mir schon der Gedanke an die kriegsähnlichen Verkehrskontrollen und die Uniformierten mit ihren lächerlichen roten Kellen Sodbrennen. In der U6 eine Frau mit blauem Auge und ihr Kind. Ich muss sie leider anstarren. In Michelbeuern steigen mehrere junge Herren zu, Kebab essend. Innerhalb von Sekunden stinkt es im Abteil nach Zwiebeln und altem Fleisch. Seltsam auch, wie viele Menschen das U-Bahn-Fahren offensichtlich als eine Art von sportlicher Betätigung betrachten. Warum sonst würden vor allem die Männer in Trainingsanzügen (glänzend) unterwegs sein.

Umsteigen in den Regionalzug in Spittelau. In der Station geballtes Auftreten von Pizza & Kebab, Gerüche nach Fett, Zwiebel, Käse und altem Fleisch. Das Beobachten der Leute, die sich an den Standeln anstellen und dann gleich im Stehen essen oder in den Zug steigen, löst in mir seltsamerweise keine Gefühle aus. Die Fahrt mit der Bahn von Wien nach Tulln kann man nur empfehlen, die Mitnahme eines Fläschchen Weins als Stärkung und Verstärkung der Vorfreude allerdings auch. Über den Sodoma gibt es nicht viel zu erzählen, was nicht schon gesagt wurde. Ein Haus, für das fast jeder Anreiseaufwand gerechtfertigt ist. Natürlich müssen wir die letzten hundert Meter rennen, um den Zug für die Rückreise zu erwischen. Zu lange mit Pepi Sodoma geplaudert. Das Rennen ist keine leichte Sache, mit Gänseleberparfait, Ganslsuppe, Gans mit Erdäpfelknödel und Speck-Krautsalat, Maroni-Nachspeise sowie mehreren Flaschen Wein im Ranzen. Die Fahrt, begleitet vom letzten Glas Riesling Smaragd 2005 vom Hirtzberger vergeht wie im Flug. Gut gestärkt betreten wir die Stadt Wien.

(ar)




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