- - -
Contributors: Alexander Rabl (Text) +++ Stefan Fuhrer (Layout)+++
- - -

Montag, 2. Februar 2015

Grüezi und Adie, liebe Rösti

Die Zürcher Gastronomie mit ihrer elegant heruntergespielten Konservativität und ihrem wie selbstverständlich gelebten Qualitätsbewußtsein kann ich nach dem Ausstieg der Schweizer Notenbank aus dem drei Jahre lang geflogenen fixen Verhältnis zwischen Euro und Franken jetzt eh einmal vergessen.

Doch das Bedauern über diese griechische Selbsterfahrung wird gleichzeitig durch den Umstand gemildert, dass mit dem Florhof im vergangenen Herbst ein klassisches Restaurant sein Konzept verändert hat, das ich kurz davor noch als Oase der Beständkeit, ja einer Dürrenmattschen Schweizer Sturheit gegen den ewigen Drangsal nach den Moden und der Schickheit erlebte.

Der Florhof (ein Romantikhotel, whatever das heißen mag, jedenfalls ein beruhigender Fall von Anti-Design) hatte mich mit seiner distinguierten Bedienung, die niemals so pseudo-wichtig war wie im Restaurant des Widder oder so unbeholfen versnobt wie im Baur au Lac, für sich eingestimmt. Es gab Nudeln mit Hummer, prachtvoll, dann ein Geschnetzeltes in einer gewaltig gastfreundlichen Portionierung und man schmeckte ihm an, wie liebevoll der Koch mit Jus, diversen Bränden und Cognacs sowie natürlich der angemessenen Portion Creme an der Vollendung einer nahezu perfekten Sauce gearbeitet hatte.

Sie entnehmen dieser saucigen Liebeserklärung also, dass es mir im Florhof geschmeckt hat. Es war unaufgeregt auf dem Niveau, wie man sich in Zürich ein gehobenes Restauranterlebnis erwartet. Die Weine waren nicht Weltklasse (Burgund, einmal weiß und einmal rot), aber meine Freunde und ich, wir hatten unseren Vergnügen. Mittlerweile hat die junge Generation der Besitzer den Küchenchef entlassen, eine sogenannte "Lounge" eingerichtet und meine Zürcher Freunde berichten mit Schreckliches: Jedenfalls hat das Geschnetzelte mit der herrlichen Sauce ausgedient. Dafür gibt es jetzt Schweinebauch - was Neues.

Die Rösti im Florhof waren wunderbar, sie sind es auch in Kronenhalle. Witzig, dass das Restaurant von manchen Zürchern als Touri-Treffpunkt ver- und abgeurteilt wird. Dabei sind der Touristen dort recht wenig, wie ich anhand mehrerer Kurzbesuche innerhalb einer Woche feststellen konnte. Es handelt sich eher um Künstler und Kunstaffine, reiche Ansässige (altes, sehr altes Geld) und abgetakelte Berühmtheiten, eine durchwegs angenehme Mischung an Publikum. Der oben erwähnte Dichter war nicht der Meinung, dass die Halle mit den Zunftwappen eine halbseidene Attraktion wäre und also oft zu Gast.

Was er gegessen hat, ist nicht überliefert. Ist auch nicht wichtig an diesem Ort. Das Geschnetzelte ist ja eher langweilig. Der geräucherte Lachs auf Blinis hingegen ist große alteingesessene und tourniert servierte Klasse. (Überhaupt ist die Räucherlachs-Kultur in Hotels, Restaurants und Kaufhäusern der Schweiz mit der zum Beispiel in Österreich nicht zu vergleichen. Wir stinken nicht nur hinsichtlich Steuerniveau und Kaufkraft jämmerlich ab im alpinen Ländervergleich. Dafür heißt es, dass wir mehr Spaß hätten. Eine Feststellung, der ich entgegne, dass ich immer da Spaß habe, wo ich gerade bin.)

Zürich und eine gute Schweizer Rösti sind, wenn die Schweizer Nationalpark kein Einsehen hat, für den österreichischen Esser, der kein Millionär ist, einstweilen genauso weit entfernt wie Caminadas Schloss Schauenstein, in dem ich vor einem Sommer perfekt gut gegessen habe. Für Viollier in Crissier heißt es jetzt ordentlich sparen.

(ar)


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen