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Contributors: Alexander Rabl (Text) +++ Stefan Fuhrer (Layout)+++
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Montag, 16. Januar 2012

Ich, Louis XV











Für den hundsgemeinen Kerl von der Straße zählen natürlich auch die Details. Zum Beispiel Valet Parking, wie es das nur vor dem Hotel de Paris am Place de Casino in Monaco gibt. Der Mann im Livree öffnet die Tür meines bescheidenen Sixt-Mietwagens, lässt uns aussteigen, wünscht einen guten Appetit und parkt den Mietwagen zwischen Aston Martins und Lamborghinis. Schon beim Beschreiten der Treppe in eines der berühmtesten Hotels der Welt heben sich die Schultern, strafft sich der Rücken. Ein bisschen König sein, ein bisschen essen wie ein König oder wenigstens wie der Fürst von Monaco, Stammgast bei Alain Ducasse, wie man spätestens seit der Hochzeit mit Charlène weiß, die sie angeblich durch gewaltsames Entwenden des Passes zum Hierbleiben zwangen. Alle sagen wir fünf Jahre sollten wir nicht so kleinlich sein und uns Ducasse in Monaco leisten. Wirklich teuer ist es ja nicht, wenn man mittags kommt. Ein Menü von drei Gängen plus Käse, inklusive lokalem Wein und Kaffee, kommt auf 140,- Wir Fooodies sind aber nicht zum Sparen hier und schöpfen aus dem Vollen. Franck Cerruti, seit langem Ducasses Stadthalter im Fürstentum, überspannt den Bogen deutlich, wenn es um den Mangel an Abwechslung auf der Karte geht. Doch eine Weiterentwicklung ist in kleinen Details spürbar. Sie führt zurück. Weniger am Teller, keine Verzierungsleisten, kein Schnickschnack. Espumas oder Liquids hatten ohnehin immer Lokalverbot im Fürstentum. Recht so. Ob die perfekt gemachten Crudités wirklich so gut sind, dass es sie als Amuse Gueule nun schon fast ein halbes Jahrzehnt geben muss - ich weiß es nicht. In der Einfachheit liegt ja angeblich der besondere Reiz, wenn es um die Besten der Besten geht. Ein Teller mit wildem Broccoli, winzigen Tintenfischchen, einer halbrohen Jakobsmuschel (bäh) und einer herrlichen Garnele. Einfallsreich ist das nicht, aber so gut, dass nicht nur der, der zum ersten Mal ein goldenes Besteck in der Hand hält, Freude daran hat. Der Service, immer schon die halbe Miete in Monaco, spaziert unaufhörlich um unseren Tisch, tut das aber mit der gebotenen Dezenz. Nächster Gang: Erdäpfelgnocchi von allerhöchster Zartheitsstufe, mit Kürbis, kleinen Salatblättern und einer bezwingend köstlichen Sauce von der schwarzen Perigordtrüffel. Dazu rohe Scheiben, milimeterdick präzisiert und natürlich von der besten Qualität. So schmecken drei Michelin-Sterne. Was speist Madame an unserem Tisch, die sich gescheiterweise das Gemüse-Menü ausgesucht hat? Risotto mit Artischoken, dazu rohe und frittierte Artischoken, das ganze umkränzt von einem Fond, der aus Essig und dem bitter-säucerlichenRest der Artischoke gewonnen wurde. Geniestreich! Eine buttrige Sauce aus eingelegten Zitronen zum Loup de mer, der vielleicht einige Sekunden zu lange poeliert wurde - zum Hineinknien, so gut. Die Säure macht es, alle großen Köche wissen das. Taube aus den Alpen der Provence mit Entenleber und dem schon bekannten Jus aus Gewürzen und Innereien. Die Leber fantastisch, dazu gedörrte Birne und eine warme Weintraube, die geschält in einem süßen Wein erhitzt wurde, wie wir mutmaßen. Kleine Details werden in dieser perfect world natürlich besonders akribisch notiert: die abgegriffenen Sessellehnen etwa, das zögerliche Nachschenken oder die Spuren am Teppich, als würde ein Tiger hier an den Ruhetagen sein Unwesen treiben. Doch fast alles im kleinen Königsplalast des Kaisers der französischen Küche, vom Wagenpark aus Champagnerwagen, Brotwagen, Käsewagen bis zum Digestifwagen, lässt den Gast vergessen, dass da draußen vor dem Hoteleingang wieder die normale Welt wartet. Von uns aus könnte sie, an diesem späten Nachmittag beim letzten Kaffee und Armagnac, mit ihren Verkehrsstaus zurück nach Nizza und mit ihren Kreditkartenabrechnungen, ruhig ewig warten. (ar)

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