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Contributors: Alexander Rabl (Text) +++ Stefan Fuhrer (Layout)+++
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Montag, 10. September 2012

Der Attersee-Saibling und seine Bestimmung

Der kleine Attersee-Saibling. Es kann ihm so oder so gehen. Er kann auf dem Teller eines Attersee-Mittelklasse-Restaurants landen und hernach im Schlund eines Gastes, der ihn ja nicht einmal in seinem zehnten Leben verdient haben wird. Wie allen Menschen ist auch dem kleinen Saibling sein Schicksal einerseits vorbestimmt, andererseits unbekannt. Manche haben Pech, andere haben Glücl. Wie sang es der Attersee-Saibling unter den Kabarettisten? "Der ane kummt nach Paris, der andere kummt net nach Paris." Wie das Leben so ist. Paris wäre für den Attersee-Saibling zu weit. Für ihn sind Salzburg und Mayerling Paris. In Salzburg ist nämlich der Thomas Bernhard unter den Gastronomen, Sepp Schellhorn, der es sich vermutlich nur deshalb am Mönchsberg eingerichtet hat, weil er die schiere Möglichkeit, einmal wie sein Lieblingsautor den Sprung zu erwägen, als seiner Natur gemäß empfinden muss. Schellhorn hat bei Ingrid Häupl gelernt, eine nicht zu weiche Schule, vielleicht eine Art katholisches Salzburger Internat der 60er Jahre für junge Köche. Die Häupl machte die kleinen Saiblinge einfach in etwas Mehl gewälzt und in Butter sehr knusprig gebraten. Es war ihnen und dem Gast ein Genuss. Sepp Schellhorn servierte mir letztlich Saibling, mit einem Thymianzweigerl und gebratenen Pfirsichen und Superblick auf die Hohe Feste. Der kleine Saibling schaute mich an, ich schaute ihn an, dann aß ich ihn. Für einen Attersee-Saibling schien er mir um ein oder zwei Zentimeter zu groß, aber vielleicht haben sie irgendwo in Nußdorf auch ein unterirdisches Atomkraftwerk. Eine weitere Wunschdestination des Attersee-Saiblings, der ja nicht umsonst gelebt haben will, ist die Instanz Hanner in Mayerling. Heinz Hanner holt die kleinen Fischlein gerne persönlich in Oberösterreich ab. Er weiß, wie man sich ihnen, den berühmten Herbstfrischlern (im Hochsommer ist Fangverbot) benimmt. Kein Schnickschnak ist gewünscht, Bröseln und Mehl sowie Butter haben durchaus ihre Berechtigung. Hanner briet den Attersee-Saibling, dessen Gräten gemeinhin so zart sind, dass man ihn von Kopf bis Fuß aufessen kann, im Ganzen, servierte dazu eine knackige Artischoke, winzige Eierschwammerl und ein scharfes Mayonnaislein mit Chili. Ich sah dem Saibling in die Augen, er sah mir in die Augen, dann aß ich ihn. Den Kopf aß ich, die Flossen, den Fisch, den Schwaz, alles. Hanner ist damit, wenn wir einmal in die Welt von Gault Millau und wie die anderen heißen, zweifellos ein 3-Sterne-5-Hauben-Saibling gelungen. Der Saibling, der in Mayerling oder am Mönchsberg gebraten wird, hat sein Leben nicht umsonst gelebt. Er kommt von den Tiefen des Attersees ans Licht.

(ar)


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