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Contributors: Alexander Rabl (Text) +++ Stefan Fuhrer (Layout)+++
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Donnerstag, 6. September 2012

Weihnachten im September

Es ist wie Weihnachten, nur dass das Wetter schöner ist. Fabio Giacobello hat uns ein Geschenk gemacht und gestern durften wir es auspacken. Das neue FABIOS (in Versalien) gab uns bezahlten Fressern eine kleine Dosis Vorfreude auf den Herbst. Die Gerüchte waren größer gewesen als der Baustellenlärm auf dem Benko-Building, dessen Staub den Umsatz auf der Terrasse von Wiens beliebtestem kulinarischen Laufsteg wahrscheinlich gegen Null hätte gehen lassen. Dann lieber gleich zusperren, umbauen. Neues Programm: lässig, also casual, weniger streng, weniger schwarz, dafür einer der besten Köche des Landes. Joachim Gradwohl. Moment mal, sagen jetzt die Esser, Gradwohl ist aber jetzt weniger bekannt für die italienische Masche. Muss jetzt mal egal sein. Fabio und Joachim gehören in ihrem Fach zu den Besten und Diskussionen über die Ausrichtung der Speisenkarte wird es hinter verschlossenen Kühlsraumtüren schon gegeben haben. Ich meine ja, dass Joachim Gradwohl auch aus einer Turnschuhsohle ein delikates Gericht zaubern kann. Seine Mannschaft hat er, der als Küchenchef wie nur wenige Respekt genießt in der Branche, wieder gut aufgestellt. Die Vorfreude auf einen heißen Herbst ist groß, man merkt, die Herren brennen geradezu darauf, zehn Flugmeter von ihrer Stätte des Triumphs, im mittlerweile vollkommen unnötigen Meinl am Graben, vorzuzeigen, was sie drauf und in der Pfanne haben. Wie gut war es, zu sehen, dass der neue FABIOS sich vom alten fabio nicht so weit entfernt hat. Räumliche Struktur des Restaurants ist wie gehabt, die Polster heller und bunter, die Bar zweifellos eines der schönsten Schaustücke aller Wiener Flaniermeilen zusammen. Es wird musikalischer werden, es soll das Wohnzimmer der Gäste werden, mit kleinen und großen Attraktionen vom Frühstück bis zum Diner. Das Wort, das durchs Konzept geistert ist lässig. Als ob das fabios nicht eh immer schon die coolste und lässigste Station der Stadt gewesen wäre. Gut: war, bevor die Russen kamen und die Banker. Und letztere blieben auch, nachdem wir ein paar Milliardchen für sie hinlegen mußten und ließen sich den Brunello dekantieren als wäre nix. Fabio nennt das neue Konzept A CASA und meint damit, dass man sich bei ihm jetzt noch mehr zuhause fühlen kann als vorher. Dabei war er für viele seiner Gäste eh schon ein Wohnzimmer, aus dem sie sich nur ungern vertreiben ließen, weil die fabios-Crew so etwas wie ein Bedürfnis nach dem eigenen Wohnzimmer (oder einfach nur Bett) verspürte. Gestern jedenfalls Familientreffen. Die guten Leute im Service sind wieder komplett versammelt. Eine der besten Mannschaften des Landes geht in Stellung. Ein Glas exzellenter Sprudel (kein Champagner, man gibt sich bei der Getränkeauswahl jetzt volksnäher und günstiger). Dann die Frage: was kocht Joachim Gradwohl? Erst einmal ein paar Happen für die Vorpremierengäste, ein Risotto mit Muscheln, ein an der Gräte gebratener Heilbutt, Probe der großen Fischküche aus alten Zeiten, mit geräuchertem Topinambur, dann ein ok-Rinderfilet mit Blattspinat, Pinien und Paradeisern. Gleich zieht der eine oder andere Profi-Fresser sein Resümée. Ich sicher nicht, denn ich sehe keinen Grund, ein Restaurant vor der Zeit zu beurteilen. Fabio, immer unsicher in seiner Sehnsucht nach der Liebe seiner Gäste, freut sich wie ein kleiner Bub über sein (fast) neues Lokal. Tun wir es ihm doch erst einmal gleich.

(ar)

www.fabios.at


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