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Samstag, 11. Januar 2014

Frittatensuppe bei Sepp Schellhorn

Gewarnt von den Winterunfällen von Frau Merkel, der Schotterbaronin und des deutschen Autoweltmeisters meide ich Schnee und Glatteis und verbringe ein paar Tage in Goldegg, wo gerade Ostern ausgebrochen ist. Spaziergänge über die Tundra des Golfplatzes und saftig-knatschige Wiesenwege erscheinen mir gerade das Richtige zu sein, um mich in der Champagnerluft zu zerstreuen und mir Appetit anzugehen für die Oma-Küche, welche gerade nach Sepp Schellhorns Laune ist, der die Seehof-Küchenmannschaft dirigiert, wenn er nicht gerade politische Karrieren begründet, hinschmeisst oder touristische Initiativen ins Leben ruft.

Dass Susi Schellhorn von alldem relativ unberührt bleibt, muss am Rande bemerkt werden und wie gut das dem Betrieb tut, davon können die Gäste des Goldeggers Seehof ein Volkslied singen. Gute Hotels sind gut, aber zu den besten Hotels werden sie durch die Präsenz der Gastgeber. Mir kommt aber vor, dass ich das an dieser Stelle schon oft gesschrieben habe und weil ich niemanden langweilen will und am allerwenigsten mich selbst, komme ich zur Sache, zum Essen.

Herr Schellhorn hatte nie besonders viel übrig für die "Laubsägearbeiten" berühmter Kochkollegen, wie er sie nennt. Die Einfachheit, die er jetzt zur Winterszeit pflegt, ist hingegen fast schockierend, aber nach einer kurzen Eingewöhnungsphase bestechend. Wie man es bei der sprichwörtlichen Großmutter gehabt hat (oder vielmehr gerne gehabt hätte), beschränkt sich die Schellhorn-Küche auf das wenige Notwendige, das eine warme Mahlzeit ausmacht. Zwei bis drei Komponenten pro Teller, das ist das Höchste der Gefühle. Mehr geht nicht, echt nicht, wie die Literaten von in der Fernsehwerbung sagen.

Omchen Sepp backt, schmort und brät wie gewohnt die Innereien vom Pinzgauer Kalb, serviert also ein göttliches Kalbshirn, welches nach Kuhstall schmeckt und keine Zweifel daran lässt, dass diesem Kalb ein halbwegs akzeptables Leben zuteil wurde. Kalbszunge mit einer substanziellen Sauce und Erdäpfelpüree, ein Schulterscherzel in dunkelschwarzer Sauce mit Polenta oder ein Spanferkel mit Kraut und kleinen Erdäpfeln sind ganz Großmutter auf dem Teller. Die Art, wie man in Kürze ein Bauernhendl im Ganzen saftig und knusprig brät, haben die Schellhorn-Köche nicht von Oma und schon gar nicht von Opa, sondern vom großen Jörg Wörther.

Der genannte schmorte schon Lamm, dass es den Gästen anders ging, nämlich besser. Und sein Schüler richtet Schlägel, Stelze und Filet (inklusice Fettrand) auf Selleriepüree und Natursaft an, dass kein Wunsch offen bleiben kann außer dem, dass der offene Blaufränkische von Dorli Muhr möglichst zügig nachgeschenkt wird, was er wird. Frittatensuppe gibt es dann natürlich auch, ebenso wie ein anständiges Schnitzel. Der Thomas-Bernhard-Fan Schellhorn will sich nicht nachsagen lassen, dass die Frittatensuppe in Goldegg schlechter wäre als die in Utzbach.


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