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Contributors: Alexander Rabl (Text) +++ Stefan Fuhrer (Layout)+++
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Montag, 9. August 2010

Kitzbühel ohne Fiona, eins.

Quellenforschung: Nicht die Almwasserquellen sind es, hinter denen wir her sind, sondern die Fressquellen des besten Greisslers der Welt, des Urbanek am Naschmarkt, der ab heute wieder aufgesperrt hat. In Kitzbühel gehen wir zum Fuchs, einem begnadeten Metzger und mehrfach preisgekrönten Würstemacher. Beim Fusch kaufen wir eine Semmel mit dem besten Schweinebauch (in Wien Kümmelbraten) der Welt um 1,40, die am Naschmarkt schon einmal 10,40 kosten kann, was beweist, dass bei Nahrungsmitteln der größte Teil des Wertschöpfungsprozesses nicht beim Produzenten, sondern während des Transportes stattfindet. Liebe Urbaneks, verzeiht uns diese kleine Einlage. Zurück zum Fuchs, der auch geniales Kalbfleisch, Rehitz, Lamm oder Gamswürste, Hirschwürste, Speck feilbietet und sogar einen anständigen Shrimpssalat. Nach der besten Sausemmel des Universums braucht man einen Drink. Hierfür eignet sich die Bar des so genannten Chizzo neben dem Stadttor, wo Freunde immer die besten Stammplätze bereitgestellt bekommen und ich einen Drink kreiert habe, den Sie ab jetzt dort bestellen können: zwei Teile Campari, ein Teil Aperol, guter Prosecco, ein Schuss Soda, Zitronenscheibe. Samstags war Jahrmarkt in Kitzbühel, ein Pflichttermin für Menschenbeobachter, und weil es regnete, saß ich da, nahm einen oder zwei dieser Drinks und beobachtete die Menschen. In einem klobigen Grill (mit Gas) machten sie einem Spanferkel mit unverdaulicher Haut den Garaus und nachher noch einmal, indem sie es mit süßen, also sinnlosen, Senf, servierten. Der Mann am Grill fiel mir von Anfang an auf. Wie er mit dem Schwein hantierte. Ich kriegte Mitleid mit dem armen toten Schwein und dem armen Schwein am Grill, aber auch ein bisschen Wut. Der Mann (Brille, Igelfrisur) bewegte sich auffallend langsam wie in einer Art Trance. Er verstand die Sprache der Einheimischen nicht (einheimisch: Kitzbüheler und Münchner). Und dann wurde mir klar: der leicht kuhartige Gesichtsausdruck des jungen Mannes konnte nur bedeuten, dass in seinem Hirn hochkomplexe Vorgänge stattfanden, die für solche Banalitäten wie Mimik, Bewegung oder Semmeln aufschneiden keinen Platz ließen. Wahrscheinlich arbeitete er seit Monaten an einer schwierigen Sache und wurde, damit er nicht vollkommen die Bodenhaftung verliert, für diesen Nachmittag von seinem Arbeitgeber quasi zur Erholung zum Schweinssemmelmachen geschickt, vermutete ich. Denn es gibt wenig, was der Ausübung eines nur für Spitzenhirne geeigneten Denkberufs so entgegengesetzt ist wie der des Sausemmelmachers am Kitzbüheler Jahrmarkt. Und es wurde mir schlagartig klar: das CERN unterhält in Kitzbühel eine Außenstelle. Und ich erkannte: Es müssen hunderte Mitarbeiter sein. Allesamt Spitzendenker, Geistesgiganten, die an diesem Samstag zur Erholung draußen waren. Ihre Gesichter und Bewegungen waren alle gleich. Ihre Gehirne über hundert Prozent beansprucht von ihren Projekten! Keine Zellen mehr frei für die Koordinierung der Gesichts- und anderen Muskeln. Und niemandem außer mir fiel es auf.


2 Kommentare:

  1. Sehr sehr schön. Die Seite. Dass ihr da seid. Und auch gelegentlich nach Kitzbühel fahrt. Das nächste Mal bitte melden!

    Herzlichst
    a.

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  2. auch wenn der fürst fuchs heißt, isst und bleibt er trotzdem ein fürst

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