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Mittwoch, 31. Juli 2013

Keta-Kaviar in St.Moritz

Keta-Kaviar, also das orange Zeug, das es auch beim Billa und beim Merkur gibt, ist eigentlich genau genommen für das mondäne Alpen-Monaco namens St.Moritz ein No-Go. Der Snob denkt dabei sofort an einen #Aufschrei und hält sich an der Krawatte mit dem Dracula-Club-Logo fest.

Dennoch gab es  Ketakügelchen als Vorspeise zu einem rohen Thunfisch mit Avocado. Nicht vielleicht im Stehinbiss einer Liftstation. Im Talvo by Dalsass gab es das, dem mittlerweile doch recht berühmten Restaurant im Nachbarort Champfèr. Es schmeckte brav und nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Die Sache mit dem Keta-Kaviar ließ mir keine Ruhe. Muss Martin Dalsass, dessen Lokal sicher eher zu den Kostpieligeren des Oberen Engadins zählt, auf einmal bei den Produkten sparen? Findet sich im Sommer niemand mehr, der für einen Löffel Oscietra 100 Franken oder mehr hinlegt?

Hat ihn am Ende die Lust an der Demokratisierung übermannt, so in der Art: Auch Krisenverlierer aus Italien, Hartz V Reisende oder Blogger sollen sich mein Restaurant leisten können, weshalb ich statt Störkaviar den Billigstdorfer wähle? (Die günstige Variante gibt es um 48 CHF, also die mit den orangen Kügelchen.)

Ansonsten ist das Essen im Talvo sehr in Ordnung, ein rosa gebratener Maibock mit einem Kräutermäntelchen exzellent (warum es Ende Juli noch Maibock heißt, konnte man mir nicht erklären, versicherte aber, dass es sich um keine Tiefkühlware handelte.) Die Sauce dazu, aus Rotwein mit Ribisel und somit von idealer Säure möchte ich auch gerne können. Witzig die Minigemüslein, herrlich das Kartoffelpürée, ein Dalsass-Klassiker.


Was gibt es sonst noch zu berichten? Ich genoss einige Tage die Gastlichkeit des Dorfes St.Moritz, stellte fest, dass die im Palace herrliche Champagner-Drinks hinkriegen (besonders gut: der Rossini mit Erdbeeren), dass mein Zimmer im Monopol gleich hinter dem Palace zwar klein war, aber eine herrliche Aussicht besaß (Nummer wird hier selbstverständlich nicht verraten, ich will wiederkommen), und dass es nicht auf jeder Alm Bündnerfleisch und Capuns (hiesige Spezialität aus Spätzleteig und Mangold, in Milchwasser gekocht) gibt.

Diese gehören allerdings zu den unbedingt probierenswerten Spezialitäten der Region, die sich im Sommer ihrer Engadiner Tradition des gemeinsamen Feste feierns besinnt. Während des Winters sind zu viele Fremde da.

Die Sache mit dem Keta-Kaviar ist schon okay, denn im Sommer bemüht sich St.Moritz auch um den Gast, der nicht im Lamborghini vorfährt. Manche vielleicht an der Grenze zum Too-filthy rich-Niveau angesiedelte Lokale wie das Nobu haben gleich gar nicht offen. Dafür ist in den Zigarrenlounges genug Platz.

Diese verdienen übrigens ihre Namen wirklich und sind mit dem, was es in Österreich oder Italien für rauchende Zeitgenießer im Angebot gibt, nicht in einem Atemzug zu nennen.

Weil Sie gerade fragen: Natürlich gibt es in St.Moritz einen Davidoff-Laden. Er alleine ist die Reise ins Engadin bereits wert.

(ar)

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